21.06.2025 – AfD provoziert mit Infoständen um den CSD Ulm/ Neu-Ulm

Die AfD Ulm und die AfD Neu-Ulm haben am Samstag, den 14.06.2025, Infostände zentral in Ulm und Neu- Ulm parallel zu der Ulmer/ Neu-Ulmer Christopher-Street-Day Parade durchgeführt.

Ein Überblick über die beteiligten Personen, ihrer Inhalte und eine Einschätzung dazu.

Beteiligte Personen in Ulm

Selbstdarstellung der AfD Ulm: Daniel Rottmann, Andreas Günes, unbekannte Person und Andreas Härtel am 21.06. beim Infostand in Ulm (von links nach rechts)

In der Ulmer Hirschstraße beteiligten sich mindestens 6 Personen am Infostand.

  • Daniel Rottmann (Vorsitzender des KV Ulm/ Alb-Donau-Kreis und Landtagskandidat)
  • Andreas Härtel (Stellvertretender Vorsitzender des KV Ulm/ Alb-Donau-Kreis)
  • Koray Günes (Stellvertretender Vorsitz des OV Blaustein)
  • eine weitere Person, die im Wahlkampf 2024/2025 für die AfD Ulm warb.

Nicht auf dem Foto zu sehen, aber ebenfalls anwesend waren:
Aaron Klingmann” und im Umfeld des Standes Dieter Hailing, “Didi” genannt. Haling ist Betreiber des Tattoostudios “Checkpoint Charlie”.
Im Oktober 2024 fand im ehemaligen Outlaws MC Raum Underground in Neu-Ulm ein Vortrag von Martin Sellner statt. Dieser wurde u.a. organisiert und durchgeführt vom Ulmer AfD Gemeinderat Nicolas Brickenstein – das Underground gehört Dieter Hailing. Vorher fanden dort Veranstaltungen der AfD Ulm statt. “Klingmann” wirkte in der Vergangenheit mehrfach an Infoständen der AfD Ulm mit.


Beteiligte Personen in Neu- Ulm

Infostand der AfD Neu-Ulm: Nick Steger (mit Sonnenbrille, halb verdeckt), unbekannt, „Albert“, Franz Schmid (verdeckt durch bunten Hut), Nicolas Brickenstein und Werner Borst (von links nach rechts)

Am Infostand am Neu-Ulmer Petrusplatz, in unmittelbarer Nähe der Abschlussfeier des CSDs, waren beteiligt:

  • Franz Schmid, MdL Bayern
  • Nick Steger, Franz Schmids rechte Hand, um 2018 rum nachweislich aktiv bei der Identitären Bewegung Schwaben
  • Nicolas Brickenstein, AfD Gemeinderat Ulm, jahrelanges Aushängeschild der Identitären Bewegung Schwaben
  • Albert”, der bei den regelmäßigen „Spaziergängen“ von Querdenkenspektrum Ulm auftritt
  • Werner Borst, Teil des Vorstands des AfD KV Neu- Ulm
  • und mindestens eine weitere Person

In unmittelbarer Nähe zum Infostand (1 Meter) befand sich noch eine komplett in schwarz gekleidete Person mit Kapuze (siehe Einschüchterungsversuch).

AfD Neu-Ulm Infostand in der Augsburger Straße mit Werner Borst, Nick Steger, Franz Schmid (durch Steger verdeckt) und Nicolas Brickenstein (von links nach rechts). Am Stand hängt eine „#stolzstattpride“- Fahne der mittlerweile umbenannten Jungen Alternativen Schwaben.

Inhalte und Einordnung

Letztes Jahr noch verteilten der Ulmer AfD- Gemeinderat Nicolas Brickenstein und der Ulmer AfD- Gemeinderatskandidat Erik Burcyk zusammen Flyer mit extrem rechten, queerfeindlichen Inhalten. Doch dieses Jahr äußerte sich die AfD Ulm im Nachgang des CSDs kaum und erwähnte diesen nur beiläufig.

Anders verhält es sich bei dem AfD Kreisverband auf der anderen Donauseite. Die AfD Neu-Ulm um Franz Schmid stellte sich in unmittelbare Nähe des CSDs mit einer sogenannten „Stolzfahne“ am Stand auf. Die „Stolzfahne“ ist Teil einer Strategie der extremen Rechten den Juni, welcher allgemein als Pride Month gefeiert wird, als Stolzmonat neu von rechts zu besetzen. Bei dem Stolz geht es um einen vermeintlich “harmlosen” Patriotismus, der sich in der Realität wie hier durch Queerfeindlichkeit, Rassimus und nationalistische Inhalte äußert.

Franz Schmid veröffentlichte im Nachgang auf Instagram einen Post, in dem er von “halbnackten Erwachsenen im Hundekostümen”, “Ausnahmezustand” und “AfD-Infostand mitten im Trubel” fantasierte. Gleichzeitig veröffentlichte er mit abwertenden Kommentar Aufnahmen des CSDs und seiner Teilnehmenden.

Damit bedient sich Schmid eines typischen extrem rechten Narrativ. CSDs werden als Ort der Perversion, als Gefahr für Kinder und als etwas “unnatürliches” inszeniert und gebrandtmarkt. Dieses Narrativ wirkt zu weilen absurd, hat es doch nichts mit der Realität der tatsächlichen Veranstaltung gemein. In der entsprechenden AfD Zielgruppe entfaltet es die gewünschte Wirkung: Eine Dämonisierung der LGBTQIA*-Community und ihrer Veranstaltungen wie CSDs.


Einschüchterungsversuch in Neu-Ulm

So ereignislos und ruhig, wie es zum Beispiel ein Facebok Post der Polizei Ulm oder die Aussagen in der Lokalzeitung der Neu-Ulmer Polizeipräsidentin Claudia Stößner und des Ulmer Polizeipräsidenten suggerieren war der Tag des CSDs in Ulm/Neu-Ulm nicht. Es wurde mindestens eine Pridefahne geklaute und es gab mehrere Pöbeleien.

Mehrere Augenzeug*innen meldeten sich im Nachgang des CSD bei uns. So wurden zwischen dem AfD- Infostand in Neu- Ulm in Neu- Ulm zeitweise durch Antifaschist*innen mithilfe von Bannern und Regenschirmen eine Barriere zum CSD gebildet.

Während dieser Aktion stand eine Person komplett in Schwarz gekleidet und mit Kapuze bedeckt direkt neben dem AfD Infostand.

links zu sehen die Unbekannte Person in schwarz, rechts am Infostand Franz Schmid, Nick Steger und Nicolas Brickenstein (mit Handy)

Als der CSD weiterzog, schlossen sich die Antifaschist*innen am Ende des Zuges an. Die Person lief in drohender Manier dem CSD Ende mehrere hundert Meter hinterher und auf Höhe der Ludwigsstraße Hausnummer 2 auf das Ende schneller zu.

Aufgenommene Videos und Bilder, welche uns vorliegen zeigen eine aggressive Körperhaltung und ein . Auch die anwesende Polizei sahen dies scheinbar Grund genug einzugreifen, Es kam zu einer Festsetzung der unbekannten Person durch zivile Polizeikräfte.


Unsere Einschätzung

Extrem rechte Mobilisierungen und Aktionen rund um CSDs sind nichts neues. Allerdings nehmen sie, zusammen mit queerfeindlicher Gewalt, in den letzten Jahren stetig zu. Dabei gehen diese von klassische Neonazis, religiöse FundamentalistInnen oder eben die AfD aus – die extrem Rechte ist vereint in ihrer Queerfeindlichkeit. Die AfD- Infostände auf beiden Seiten der Donau genau während des CSDs sind kein Zufall, sondern Teil des sogenannten Kulturkampfes von rechtsaußen.

Dabei sollen sowohl die Besucher*innen des CSDs, als auch die umstehende Bevölkerung, erreicht werden. Es ist eine rechte Raumnahme, die auch nach innen wirkt und Stärke signalisieren soll.

In Ulm und Neu-Ulm symbolisieren die Infostände einerseits eine Zunahme von Gegenaktivität durch die AfD gegen den CSD UIm/Neu-Ulm, andererseits zeigt sich, wie begrenzt das Personenpotential der AfD Kreisverbände für solche Aktionen aktuell ist.

Nur ungefähr ein dutzend Personen ließen sich dafür in beiden Städten mobilisieren. Für andere Formen der Gegenaktivitäten (z.B. eine Gegenkundgebung oder Demonstration) scheinen die Ressourcen nicht zu reichen. Eine mögliche Erklärung dafür wäre, dass die AfD in Ulm und Neu-Ulm vor allem in den letzten Wahlkämpfen viel Erfahrung in der Durchführung von Infoständen gesammelt hat. Diese blieben auch größenteils störungsfrei. Im Gegensatz dazu werden größere Veranstaltungen innerhalb der Städte Ulm/Neu-Ulm seit Jahren konsequent von Gegenprotest begleitet.

In dem Auftreten der beiden Kreisverbände am CSD-Wochenende in Ulm/Neu-Ulm lassen sich deutliche Unterschiede erkennen:

  • Die AfD Ulm unter Daniel Rottman wählte einen Standort fernab von der CSD Route, befanden sich so jedoch auf einem Hauptzugangsweg vom Bahnhof in die Innenstadt. Thematisch betonte der Kreisverband im Internet, dass sich der Infostand um Mitgliedergewinnung gedreht hat.
  • Währenddessen postierte sich der Neu-Ulmer Kreisverband direkt an der CSD- Route und versuchte mit entsprechenden Fahnen und Inhalten den CSD in extrem rechter Manier skandalisieren.

Dieses unterschiedliche Verhalten spiegelt den Gegensatz der ideologischen und strategischen Ausrichtung beider Ortsverbände wieder. Während Rottmann sich vor wenigen Tagen in der Lokalpresse versuchte als harmloser, CDU- naher Konservativer darzustellen, tritt Schmid offen völkisch-nationalistisch mit Verbindung zur faschistischen Identitären Bewegung auf. Der Infostand an der CSD-Route in Neu-Ulm führte Schmid unter Anwesenheit von Brickenstein und Steger durch. Beide sind/waren aktive Teile der IB.

Diese oberflächlichen Differenzen können nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass die beiden benachbarten Kreisverbände Ulm und Neu-Ulm immer wieder miteinander kooperieren.

Besonders anschaulich wird dies an Nicolas Brickensteins Teilnahme am Neu-Ulmer Infostand, sowie an Dieter Hailings Securitydiensten für die AfD Ulm an jenem Wochenende. Nicolas Brickenstein sitzt für die AfD im Ulmer Gemeinderat. Dieter Hailing ist Teil der AfD Neu-Ulm.

Die AfD Verbände Ulm und Neu-Ulm zeigen damit im Kleinen, was die AfD im Großen ist – eine Partei, die alle möglichen unterschiedlich extrem rechten Strömungen vereint.

Der rechte Einschüchterungsversuch der unbekannten Person war in keiner Weise bedrohlich für die zahlenmäßig tausendfach größere Pride oder die anwesenden Antifaschist*innen. Wir halten es jedoch für bemerkenswert, dass diese Aktion seitens der Polizei gegenüber Journalist*innen verschwiegen wird. Wir würden behaupten, wenn sich auf diese Art und Weise gerade Antifaschist*innen gegenüber AfD Personal verhalten hätten, wäre dies ein Thema geworden.

Die Polizei ist in solchen Fällen kein neutraler Akteur, sondern will nach außenhin stehts ein positives Bild abgeben. Wir haben alles unter Kontrolle, es ist nichts passiert – das soll dargestellt werden. Dazu passt die Meldung des Einschüchterungsversuches und auch andere Vorfälle wie u.a. eine geklaute Pridefahne und mehrere Pöbeleien schlichtweg nicht.

Durch dieses aktives Verschweigen werden zunehmend offensive rechte Einschüchterungsversuche öffentlich nicht diskutiert und unsichtbar gemacht.


Wir sind interessiert an jeden Hinweis zu beteiligten Personen an AfD- Infoständen oder der unbekannten schwarzbekleideten Person!


Quellen

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